Wie Du achtsam mit Dir umgehst

„Lehne Dich an Deine Grenzen und sie werden sich weiten“. Mir gefällt dieses Bild. Flexible Grenzen, deren Dehnbarkeit jedenfalls auch in unserer eigenen Hand liegt. Grenzen, die dennoch Beachtung finden dürfen.

Mit diesem Bild kannst Du Dich auch davon lösen, Grenzen überwinden zu müssen, um Dich persönlich weiterzuentwickeln. Dass Du Dich öfter trauen sollst Deine Grenzen zu überschreiten, ist ein (gutgemeinter?) Tipp, der genau das Gegenteil bewirken kann. Statt Mut macht er womöglich Angst. Was ist, wenn diese Aufgabe zu groß erscheint?

Wenn Du Dich an Deine Grenzen lehnen willst, musst Du diese zunächst einmal genau kennen. Und hier kommt ein Aspekt ins Spiel, der mir sehr am Herzen liegt: Achtsamkeit. Deine Hochsensibilität verlangt in besonderem Maße nach einem achtsamen, bewussten Umgang mit Deinen eigenen Grenzen und Deinen Bedürfnissen.

Hochsensibilität fordert Achtsamkeit

Was verstehst Du eigentlich genau unter Achtsamkeit? Eine gar nicht so leicht zu beantwortende Frage, oder? Bezieht sich Achtsamkeit nur auf die eigene Person oder auch auf andere? Ist Achtsamkeit nur Wahrnehmung oder (auch) Verhalten? Gibt es unterschiedliche Perspektiven? Wer will entscheiden, wessen Wertekanon zu folgen ist, was richtig und falsch ist, mehr oder weniger achtsam?

Vielleicht klingen die obigen Fragen etwas plakativ. Wenn wir uns über den Wortstamm nähern, dann lässt sich schon eher ein gemeinsamer Konsens herstellen. Achtsam sein, auf etwas achten, im Sinne von aufmerksam oder auch vorsichtig sein. Ein achtsamer Mensch könnte also ein solcher sein, der sich Gedanken über sein Verhalten und die Wirkungen in seinem Umfeld macht. Der im besten Sinne sorgsam mit ihm umgeht. Wenn Du mit Dir selbst achtsam bist, dann bist Du Dir bewusst, was in Deinem Inneren geschieht und welche Wirkung Du für Dich selbst und nach außen in Deinem Umfeld entfaltest.

Zur Achtsamkeit mit sich selbst: Zu schnell vergessen wir uns im hektischen Alltag. Manchmal funktionieren wir einfach, so wie es eben erwartet wird. Dabei gilt: Jeder von uns ist gefordert, die eigenen Bedürfnisse im Blick zu behalten. Sich hierfür Zeit zu nehmen. Die eigenen Belange beachten, keinen Raubbau am eigenen Körper und der Psyche zu betreiben, stattdessen Auszeiten nehmen, … darum geht es.

Achtsamkeit kann dann dazu führen, dass Du endlich Entspannung finden, Deine innere Ruhe und dass Du erholsame Momente erlebst. Das geht nicht von heute auf morgen. Wenn Du achtsam mit Dir sein willst, wirst Du dies vermutlich zunächst üben müssen. Womöglich gibt es alte Gewohnheiten, die dabei hinderlich sein könnten. Vielleicht hast Du schon von verschiedenen Übungen und Methoden gelesen, wie Yoga, Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung und anderen. Vielleicht nutzt Du den Impuls dieser Mail, um hier einmal wieder mit neuem Elan dranzubleiben?! Wann standest Du zuletzt mit nackten Füßen auf dem Boden und hast dessen Beschaffenheit bewusst gespürt, klare frische Luft in Dich eingesogen oder die Großartigkeit der Natur mit Freude bewundert? Vielleicht findest Du ja bei dieser Gelegenheit überdies auch einen „ganzheitlichen“ Blick auf Dein Leben. Auf den Umgang mit Deinem Partner oder Deinen Kindern zum Beispiel, Deiner Sprache und Gedankenwelt, den wertschätzenden Umgang auch mit Gegenständen oder Deinem zu Hause.

Jeder Mensch ist wichtig. Auch ich.

Wenn Du achtsam mit Dir sein willst, wirst Du in Situationen kommen, in denen Du Bitten von Menschen aus Deinem Umfeld ablehnen möchtest. Schließlich gehört zur Achtsamkeit auch, das eigene Leben nicht den Ansprüchen des Umfelds unterzuordnen. Oben heißt es: „Jeder Mensch ist wichtig. Auch ich!“. Du kannst auch formulieren: „…Vor allem ich!“. Sich selbst nicht zu vergessen, sondern sich wichtig zu nehmen, könnte Dich von der Achtsamkeit zum Thema „Nein sagen“ führen. Kannst Du gut „nein“ sagen? Gehst Du gut mit Dir um? Welche eigenen Erfahrungen hast Du gemacht? Ich freue mich auf Deinen Kommentar,

Liebe Grüße, Stefan

10 comments

  1. Anna Breuer says:

    Hallo. Stefan hat Themen angesprochen, die mich gerade sehr beschäftigen. Ich bin seit einigen Monaten damit beschäftigt, meine Grenzen zu überwinden. Da ich sehr starke Emotionen körperlich fühle, habe ich ein Gespür dafür entwickelt, wann ich mich überfordere und wann ich bereit bin, einen Schritt weiterzugehen. Bei dem Versuch, mich von meiner verlorenen Liebe zu lösen, bin ich an eine solche Grenze gestoßen. Mit blieb nichts anderes übrig, als diese Liebe erst einmal anzunehmen und meine Verbindung nicht zu lösen. Ich stehe in einem ständigen Austausch mit meiner inneren Stimme. Sie sagt mir, wo es lang geht, und ich vertraue meiner Intuition – heute. Dadurch habe ich auch erst erkannt, dass ich hochsensibel bin.
    Zum Thema „Achtsamkeit“ gibt Stefan wertvolle Tipps, die ich intuitiv bereits anwende. Eine schöne Umgebung genieße ich mit all meinen Sinnen, dabei sind mir taktile Reize besonders lieb. Ich fasse gerne an. Wie gerne würde ich die Gesichter von Menschen mit meinen Händen kennen lernen, aber gesellschaftliche Tabus kann ich nicht einfach über den Haufen rennen. Nun möchte ich lernen, meine Achtsamkeit auch auf meine Mitmenschen auszuweiten. Ich habe den starken Wunsch, dass es den Menschen in meiner Umgebung auch gut geht, am liebsten wäre mir, wenn es allen Menschen gut ginge. Manchmal bin ich es aber, die dazu beiträgt, dass es meinen Menschen nicht gut geht, und zwar, wenn ich verletze, zu gleichgültig bin oder urteile. Meine HS unterstützt mich dabei, Egoismus, Hochmut, Stolz und Gleichgültigkeit zu erkennen. Meine innere Stimme hilft mir, Demut zu lernen, damit ich ein besserer Mensch werden kann. Das ist echt nicht leicht, aber ich glaube, dass jeder gute Mensch die Bilanz unserer Gemeinschaft aufbessert. Stefans nächstes Thema ist die Fähigkeit sich abzugrenzen. Das kann ich ganz gut, bin ja Egoistin. Blöd ist nur, dass ich mich immer wie ein Arsch fühle, wenn ich „nein“ sage. Da die „ja’s“ in unserer Gesellschaft nie begründet werden müssen, habe ich mir auch abgewöhnt, die „neins“ stets begründen zu wollen. Und so klinge ich gerne mal ziemlich barsch (und das reimt sich wieder auf Arsch – blöder kleiner Wortwitz – sorry, ist mir so rausgerutscht). Also nein sagen kann ich, nur das schlechte Gewissen fühlt sich immer ziemlich blöd an. Ich nehme es aber lieber in Kauf, als mich über ein falsches ja so richtig zu ärgern. Danke Stefan.
    PS: Welche Website soll ich eigentlich eintragen? Ich habe doch gar keine.

  2. Britta Neubecker says:

    Hallo, oh ja. Ich bin dabei zu Lernen achtsam und gut mit mir umzugehen. Aber auch wert zu schätzen. Mich, andere Menschen, Tiere und ganz besonders die Natur.

    Es ist wichtig für mich, mich immer wieder auf das GUTE und POSITIVE im Leben auszurichten.

    Vor allem im Job, ich bin Erzieherin, merke ich immer mehr, das die Erschöpfung mich einholt. Hier benötige ich ganz besonders meine Ruhephasen.

    Die Menschenmassen, das Laute und Geschreie ist mir meistens zu viel. Auch wenn die Menschen um mich herum nett und freundlich sind, bin ich oft für einige Tage so erschöpft und kraftlos, da könnte ich Tagelang schlafen um wieder Kraft zu sammeln.

  3. Tina says:

    Ich bin 57 und habe meine beiden Kinder alleine gehabt, somit habe ich meine ganze Kraft in sie investiert. Ich verlernte, achtsam zu sein, auf meine Bedürfnisse zu hören. Und ich bekam dadurch und durch die ständige Existenz Angst eine Angststörung. Es ist sehr schwer Achtsamkeit zu lernen aber ich denke es fängt mit nein sagen an und geht weiter damit, Bedürfnisse auszusprechen.

  4. Elvira says:

    Vielen Dank für den Input „Achtsamkeit“. Ich beschäftige mich gerade sehr mit diesem Thema und bemerke mit 59 Jahren, wie gross mein Defizit diesbezüglich ist.

  5. Alfredo says:

    Der Begriff >hochsensibelüberempfindlichMimös-chenzart besaitetAchtsamkeitintensiv empfindendeinfühlsamhinhörend<. Was andere für noch für normal halten, empfinde ich oft schon als unverschämt. Wenn ich das sage, ernte ich Unverständnis und Ablehnung. Wenn ich aber positiv auf die kleinen, stillen, schnell übersehenen und übergangenen Dinge aufmerksam mache, reagieren einige mit Dankbarkeit und Freude. Für diese stille Freude lebe ich…

  6. Stephan says:

    Ich merke immer wieder, wie ich nach Zeiten, in denen ich weniger achtsam mit mir selbst war, keine Energie mehr habe. Dazu reichen schon ein paar Tage aus. Dann bin ich total erschöpft und brauche dringend Ruhe. Das Gleiche passiert, wenn ich mich mit den falschen Leuten abgebe. Manchmal endet es auch in einer Angstattacke ohne äußeren Anlass. Das ist dann wie ein Alarm des Körpers. Du machst gerade etwas nicht richtig, will er mir sagen.

  7. Bruno says:

    Ich bin schon sehr alt und habe erst im Alter Zeit Bekanntschaft gemacht mit dem Begriff HSP. Rückblickend muß ich sagen, dass mein Leben viel leichter und unkomplizierter verlaufen wäre und viele Entscheidungen für mich auch einfacher und optimaler gewesen, wenn ich dass alles schon früher erfahren hätte. So hat man sein ganzes Leben seine Andersartigkeit gefühlt und immer versucht,
    sich an andere Menschen anzupassen. Und ich habe viel versucht, schon vor vielen Jahren, noch zu Lebzeiten von Prof. Schulz
    mit AT angefangen, später dann vieles andere – vor allem auch Übungen aus dem ostasiatischen Raum gemacht und natürlich im
    Laufe der Zeit mit Meditation und Körperübungen einen Weg gefunden, der mir ein glückliches Leben ermöglicht hat. Aber wie schon angedeutet: es war nicht leicht und wäre einfacher gewesen mit dem Wissen, dass man eine Veranlagung hat, die auch
    andere Menschen kennen und die mich nicht zu einem unnormalen Menschen macht – im Gegenteil, die auch viele Möglich-
    keiten und Chancen enthält, die andere Menschen nicht haben. Ich habe mir viel zu selten die Freiheit genommen, meiner
    mir eigenen Art gemäß zu leben und zu handeln- aber es nie zu spät!

  8. Brigitte says:

    Als ich Deinen Newsletter über das Ausdehnen der eigenen Grenzen gelesen habe, hat mich dieser Gedanke nicht mehr losgelassen und nun habe ich erfahren dürfen, was damit gemeint sein könnte:
    Gestern beim Jazzkonzert mit dem Mann meiner Freundin habe ich meine Grenze so was von gedehnt, dass ich dachte, ich muss platzen. Wie kam das? Normalerweise haben wir beide einen ähnlichen Musikgeschmack. Als er mich gestern fragte, ob ich mit ihm ein Jazzkonzert (ich liebe Jazz) besuchen will, habe ich nicht lange überlegt und habe zugesagt. Schon nach 1 Minute habe ich gemerkt, dass mir diese Jazzrichtung (modern, acid????) nicht liegt und trotzdem habe ich eine halbe Stunde, in der sich mir alle Nackenhaare gesträubt haben, ausgehalten und habe dann, nachdem ich mich von meinem Begleiter verabschiedet habe, fluchtartig das Lokal verlassen. Worin lag nun das extreme Dehnen meiner Grenze? Mir hat dieser Jazz nicht gefallen und ich hätte sofort gehen müssen. Warum habe ich nun die Grenze so weit gedehnt? Ich wollte nicht unhöflich sein meinem Bekannten gegenüber und wollte nicht gleich aufgeben, voreingenommen sein. Dabei hat mein ganzer Körper unangenehm vibriert, mir war kalt und alles zuwider. Nach Verlassen des Lokals fühlte ich mich draußen bei -15 ° wohler als drinnen. Das zeigt mir deutlich, dass ich beim nächsten Erkennen meiner Grenzen achtsam sein werde mit mir und auch meiner Umwelt. Ich werde bestimmt und dennoch taktvoll zu dem stehen, was ich fühle, es kommunizieren und damit auch meinen Mitmenschen gegenüber achtsam sein.

  9. Ingrid says:

    Ich habe auch festgestellt, die Achtsamkeit ist ein wichtiges Mittel, wie wir Hochsensiblen besser mit dieser Veranlagung umgehen können. Man muss zu der Stärke in sich selbst finden, dass man nicht gleich bei jeder Gelegenheit aus dem seelischen Gleichgewicht gerät durch Gefühle, wie übersteigertes Harmoniebedürfnis, Mitleid, Traurigkeit usw. Aber die Achtsamkeit will auch erst mal „erlernt“ sein, es ist ein Prozess.
    Ich bleibe auf jeden Fall dran.
    Und es ist gut, dass man hier unter „Leidensgenossen“ ist und von den Erfahrungen der anderen hört, es hilft.

  10. Birgit Helmich says:

    Hallo. Ja ich möchte achtsam mit mir umgehen. Ja ich entferne negative Menschen aus meinem Leben und ich sage Nein oder Ja und das auch bewusst. Aber nach 44 Jahren ist das mehr als schwer. Ich habe festgestellt das ich es nicht schaffe das Menschen mir zu hören. Uch sage gib mir was Gelbes aus der Kiste und die Antwort lautet: es ist keine Kerze in der Kiste. Verstehen kann ich diese Antwort nicht und ich gebe einen Menschen nach dem anderen auf. Du…hochsensibel…da lacht der Fachmann oder du gehörst in die Klapse ist hier mein Leben. Da gilt es auszuhalten. Sobald es die Situation es zulässt werde ich irgendwo ein neues Leben aufbauen müssen…denn hier hab ich es nicht geschafft. Davor hab ich Angst. Das ich überall als die gelte die verrückt ist. Aber alles zum Thema sauge ich in mich auf und es hilft mir. Danke das ich wenigstens unter Gleichgesinnten sein darf. Das erste mal in meinem Leben

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